Bücherverluste

Bücheropfer aus der Herzogin Anna Amalia Bibliothek Weimar und dem Historischen Archiv der Stadt Köln

Bücherverluste,

ein dramatisches Thema der Menschheitsgeschichte.

Dem Teil der Geschichte, in dem die Wissenstradierung durch die Schrift einen enormen quantitativen und qualitativen Schub bekommen hat.

Es gibt die klassischen Bücherfeinde wie Feuer und Wasser, aber auch den der menschlichen Willkür, die immer wieder in politischen und kriegerischen Aktionen Ausdruck fand. Völlig unspektakulär und sozusagen im Stillen nimmt der größte Bücherfeind seinen Tribut: der Zahn der Zeit, der Bücher einfach zu Staub zerfallen läßt. Unvorstellbar und unvorstellbar schmerzlich, wieviele Bücher und Manuskripte mit klugen Gedanken und wundervollem Wissen unwiederbringlich verloren gegangen sind im Laufe der Zeit.

Wer denkt bei Bücherverlusten nicht unwillkürlich zuerst an lange zurückliegende historische Ereignisse wie an den Brand der Bibliothek von Alexandria oder die politisch motivierten Büchervernichtungen der Qin-Dynastie oder der Inquisition?
Gab es nicht sogar ein Überheblichkeitsgefühl, dass in unserem modernen, technologisch so überlegenen Zeitalter solche Gefahren nicht mehr drohen?

Just in diese Hybris hinein platzten in kurzem zeitlichen Abstand der Brand in der Herzogin Anna Amalie Bibliothek zu Weimar und der Einsturz des Historischen Archivs der Stadt Köln. Zigtausende Bücher und Schriften, die es nur einmalig dort gab, sind für alle Zeiten verloren.

Mit dieser Ausstellung möchte ich die Verletzlichkeit von Büchern zeigen – bis ins Detail zeigen.
Es erscheint als Widerspruch, dass es soviel Ästhetik in diesem doch so traurigen Thema zu entdecken gibt. Aber es gibt sie, die Ästhetik der Zerstörung. Mich rührt das Schicksal der Bücher dadurch nur noch mehr an.

Mögen diese Arbeiten dazu beitragen, die Verletzlichkeit unserer Wissens- und Kulturtradierung etwas bewußter zu machen. Bewußt zu machen, wie gefährdet und dünn die „Humusschicht“ unserer Zivilisation immer noch ist trotz allem technischen Knowhow.

Mögen Bücher heutzutage fast altmodisch erscheinen, und mögen sie noch so verletzlich sein, möglicherweise werden sie auch weitere Jahrhunderte unseren menschlichen Wissensschatz bewahren – sicherer und haltbarer als unsere neue Speichertechnik in Form von Computer- datenträgern.

Im Mai 2015

Monika Kuck